Natron – Die unglaubliche Wunderwaffe für (fast) alle Lebenslagen

Viele Namen für ein und dasselbe deuten es schon an: Natron ist eines der, wenn nicht das vielseitigste Universalgenie unter den traditionellen Hausmitteln. Und das völlig zu Recht. Es wird Zeit, dass es aus der Vergessenheit wieder hervorgeholt, sein immenses Potenzial für Nachhaltigkeit gewürdigt und voll genutzt wird.

Genau deshalb widmen wir Natron gleich eine Serie von informativen Beiträgen mit möglichst viel praktischem Nutzen. Doch zuerst zu den Grundlagen.

Anwendungsbeispiele für Natron sind wunderbar vielfältig und gibt es zuhauf. Konkrete Tipps und Möglichkeiten findest Du in diesen Beiträgen.

  • Natron Haushalts-Tipp – vom Putzen und Spülen über Fleckenbehandlung und Wäschewaschen bis Vergraulen von Gerüchen und Ungeziefer
  • Natron Küchen-Tipps – Backen, Kochen, Brausen und Sprudeln, Entsäuern und Enthärten, Schälen und Häuten & Co.
  • Natron Kosmetik-Tipps – für Deos, Haare, Rasur, Gesicht, Hände, Füße und Zähne
  • Natron Gesundheits-Tipps – von Magen, Darm, Mund, Nase, Bronchien, Hals und Rachen, Blase und mehr

Das Wichtigste in Kürze

  • Natriumhydrogencarbonat (Natron) ist verwandt, aber strikt zu unterscheiden von Soda, Backpulver oder Ätznatron
  • Es ist sanft, umweltverträglich, ungiftig und natürlich
  • Natron neutralisiert Säuren und Gerüche, löst Fette und Flecken, trocknet und lässt es blubbern
  • super universell wirksam zu unschlagbar günstigem Preis – und überall erhältlich

Was ist Natron?

Natron im Vorratsglas
Natron bzw. NaHCO3 ist ein farblos-weißes Salz aus Natrium und Kohlensäure.

Die offizielle chemische Bezeichnung ist Natriumhydrogencarbonat mit der Summenformel NaHCO3. Außerdem gebräuchliche Namen sind auch Natriumbikarbonat, Natriumbicarbonat mit „c“, doppeltkohlensaures Natron, Speise- oder Backsoda. Doch Vorsicht, da ist eine historisch bedingte Verwechslungsfalle eingebaut: Soda, Natriumcarbonat, Backpulver oder Ätznatron (Natronlauge, NaOH) sind etwas anderes, dazu später mehr.

Natron ist ein farblos-weißes Salz aus Natrium und Kohlensäure, schmeckt laugig-salzig und wirkt hygroskopisch, zieht also Wasser an. Dabei ist es nur mäßig in Wasser löslich. Genau so, als reine Substanz in Form eines Pulvers, wird es auch im Hausgebrauch genutzt. Wird es erhitzt, zerfällt es ab etwa 50 bis 65° Celsius in Wasser, gasförmiges Kohlendioxid und Natriumcarbonat – zurück bleibt sein Bruder Soda, das Natriumcarbonat (Na2CO3) ohne „bi“ in der Mitte.

Du findest Natron in Zutatenlisten codiert als E 500 ii und unter den Inhaltsstoffen von Kosmetika (INCI): SODIUM BICARBONATE. Und keine Sorge: Natron ist, in üblichen Mengen eingesetzt, vollkommen harmlos und ungiftig.

Historisch gab es mindestens seit den Ägyptern einen ähnlich klingenden Begriff und Nutzungen für Natron. Das weiße Salz diente als wichtiges Trocknungsmittel zur Mumifizierung und zur Glasherstellung. Jedenfalls war es schon lange bekannt, bevor sein Element Natrium entdeckt wurde, dessen Name hier seinen Ursprung hat.

Das erste Natron stammte, wie heute noch, wahrscheinlich aus Sodaseen und war eine Mischung aus Natriumhydrogencarbonat und Soda. Auch Beimischungen von Salpeter (Natriumnitrat) konnten dabei sein. Doch es gibt auch Gesteinsvorkommen mit dem seltenen Mineral Nahcolith an Thermalquellen, in Salzgruben, in Ölschiefern oder vulkanischen Umgebungen. Teilweise werden sie als Natron-Ressourcen abgebaut. Auch durch Verbrennen salzhaltiger Pflanzen lässt sich Natron gewinnen.

Natron für häusliche Zwecke stammt heute hauptsächlich aus chemischer Synthese. Hierbei haben sich seit dem 18. Jahrhundert französische Chemiker sehr hervorgetan, deren Ziel eigentlich die Soda-Produktion für Seife war. Noch heute ist der Chemiekonzern Solvay, dessen Namensgeber 1860 das Solvay-Verfahren erfand, größter Hersteller von Soda mit dem Neben- und Zwischenprodukt Natron. Die Ausgangsstoffe: Kalk (CaCO3), Kochsalz (NaCl) und Ammoniak (NH3).

Was ist der Unterschied zwischen Natron und Backpulver?

Backpulver zum Backen
Backpulver basiert auf Natron, enthält zum Backen aber einige verstärkende Zusätze wie Citrate, Tartrate und Acetate.

Im Angloamerikanischen heißt Natron auch „baking soda“, dort kennt man unser hiesiges Backpulver in der Form nicht. Unser beliebtes, weil schnelles Backpulver als Treibmittel basiert ebenfalls auf Natron, enthält allerdings noch einige stabilisierende und verstärkende pulvrige Zusätze.

Als Booster wirken nämlich sauer reagierende Substanzen wie Citrate (Citronensäure), Tartrate (Weinsäure), Acetate (Essigsäure) oder Phosphate (Phosphorsäure). In Wasser gelöst, beginnt Natron zusammen mit deren Wasserstoffionen („Säure“) sofort CO2-Gas freizusetzen, das Teige so schön treiben lässt und erst richtig fluffig macht. Genau so arbeiten im Übrigen auch Brausepulver für Limonaden oder Brausetabletten. Backpulver sollte immer als letztes in den Rührteig und gleich danach in den Ofen, damit die „Treibgase“ nicht zu schnell verpuffen.

Damit der Pulvermix weder feucht wird, noch vorzeitig sein Werk tut, dienen trennende Beigaben aus Pflanzenstärke der Haltbarkeit. Backpulver ist also ein bequemes To-go-Treibmittel aus Natron und etwas Säure mit Trennmitteln. In Flüssigkeit aufgelöst und erwärmt, entfaltet es sehr schnell die gewünschte Wirkung.

Wobei die übliche Verwendung von Phosphaten durchaus umstritten ist. Einerseits sind Phosphate natürlicherweise an vielen, wenn nicht allen Prozessen im Körper beteiligt, andererseits sehr vielen Lebensmitteln unnatürlicherweise zugesetzt – und dadurch womöglich schädlich. Auch Pflanzenstärke kann, je nach Quelle, ihre Tücken haben. Entweder aus Nachhaltigkeitsperspektive oder Gründen der Verträglichkeit. Die Zutatenliste gibt Auskunft.

Was macht Natron so vielseitig?

Natron_vielseitig-einsetzbar
Die einzigartige chemische Zusammensetzung von Natron ist für seine zahlreichen positiven Eigenschaften verantwortlich.

Ohne allzu chemielastig zu werden, erklären fünf Grundeigenschaften den Großteil seiner vielen Talente.

Die wichtigsten drei beschreiben den Einfluss von Natriumhydrogencarbonat auf den pH-Wert von wässrigen Flüssigkeiten. Wir erinnern uns: Reines Wasser mit pH-Wert 7 ist neutral, H+ (Protonen) und OH- (Hydroxyl-Ionen) halten sich genau die Waage. Überwiegen H+, wird die Lösung sauer, der pH-Wert sinkt. Gewinnen OH- die Oberhand, haben wir es mit einer alkalischen Lösung und höheren pH-Werten zu tun.

Und nun zur Rolle von Natron beziehungsweise seinen Hydrogencarbonat-Ionen:

  1. Kohlendioxid, Kohlensäure, Hydrogencarbonat und Wasser stehen in einem Gleichgewicht. Die Lösung wirkt unter Normalbedingungen als Puffer, gleicht also Schwankungen aus und hält den pH-Wert konstant.
  2. Gelöstes Natron fängt und neutralisiert „Saures“, das heißt die Protonen, zu sprudelndem Kohlendioxid und Wasser.
  3. Fehlt dagegen ein Säureüberschuss, reagiert die wässrige Lösung mit Natron leicht alkalisch.

Die beiden anderen Eigenschaften entfaltet es in seiner festen, kristallinen Form:

  1. Unter Wärme zerfällt Natron zu Kohlendioxid und Soda.
  2. Natriumhydrogencarbonat zieht Feuchtigkeit aus der Luft (Hygroskopie).

Natron kommt, gelöst als Natrium- und Hydrogencarbonat-Ionen, ganz natürlich in der belebten wie unbelebten Umwelt vor. In Seen, Flüssen und Meeren, Mineral- und Heilwasserquellen. In unserem und vielen anderen Organismen übernimmt es sehr wichtige Funktionen. Ein kleiner Auszug aus Biologie und Geografie:

  • Das sogenannte Kohlensäure-Bicarbonat-System reguliert als Puffer den Säure-Basen-Haushalt unseres Blutes. Es hält den pH-Wert bei leicht alkalischen 7,4. Ähnlich steuern auch Pflanzen ihre Acidität oder Basizität. Als Puffer kann es übrigens auch in Gewässern fungieren, je nach Zusammensetzung des Wassers und Umgebungsbedingungen.
  • Hydrogencarbonat, in Schleim gelöst, schützt unsere Magenwand vor der ätzenden Magensäure.
  • Hydrogencarbonat sorgt auch dafür, dass der saure Nahrungsbrei sofort im Zwölffinger-Darm neutralisiert wird. Nur so können unsere empfindlichen Verdauungsenzyme überhaupt ihr Werk verrichten.

Welche Einsatzmöglichkeiten hat Natron?

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Natron bewährt sich in vielen Bereichen des Haushalts

Dies sind ein paar der praktischen Vorteile, die sich direkt aus seiner Chemie ergeben:

  • Viele unangenehme Gerüche rühren von organischen Säuren her, Natron neutralisiert sie.
  • Fette sind Verbindungen aus Glycerin und Fettsäuren, alkalische Natronlösung bricht sie auf und verseift sie zu reinigenden Seifen.
  • Die Zellwände von Pflanzen sind aus schwer zu knackenden Stoffen wie Cellulose und Pektinen in eher saurem Milieu. Natron lockert über pH-Wertverschiebung ihre Bindungen.
  • Hartes Wasser enthält Calcium- und Magnesiumionen. Natron verstärkt deren Ausfällung als Carbonate (Kalk) – vor allem beim Kochen – und macht das Wasser dadurch weicher.
  • Gemüsezellen setzen beim Zellaufschluss (im Kochtopf zum Beispiel) Säuren frei, die das Blattgrün (Chlorophyll) zerstören. Es wandelt sich zu graubraunem Phäophytin. Bei Kohlpflanzen wiederum werden Enzyme aktiviert, die schweflige Aromen entstehen lassen. Natron reduziert diese Vorgänge.

Wo kann man Natron kaufen?

Reines Natron bekommst du in der Apotheke, aber auch in allen Drogerien, vielen Supermärkten und manchen Discountern. Das richtige Regal ist entweder in der Putz- und Waschmittelabteilung, bei Nahrungsergänzungsmitteln unter Magenhelfern oder zwischen den Backzutaten. Natürlich gibt es auch zahllose Onlineshops mit Natron im Angebot. Die Packungsgrößen reichen von kleinen Briefchen ab 5 Gramm über 1-Kilogrammbeutel, bis 2- oder 5-Kilogramm-Eimern. Preisgünstig ist es immer, aber Vergleiche lohnen sich trotzdem.

Achte unbedingt darauf, dass manche Produkte durch Zusatzstoffe ergänzt sind. Bullrich-Salz (auch in Tablettenform) zum Beispiel enthält außer Natriumhydroxid noch Talkum und Maisstärke, seine Anwendungen sind im Gesundheitsbereich. Sogenanntes „Aktiv-Natron“ ist eine Mischung aus Natron und Soda (Natriumsesquicarbonat). Daher ist es aggressiver, für den Haushalt gedacht und auf keinen Fall zum Einnehmen oder für Lebensmittel geeignet.

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