Kunst als Freiraum
Kunst galt lange als Freiraum, den man nicht hinterfragen durfte. Der kreative Akt stand über Materialfragen, Umweltauswirkungen oder auch gesellschaftlicher Verantwortung. Doch mit wachsendem Umweltbewusstsein stellt sich heute immer häufiger die Frage: Kann Kunst auch nachhaltig sein – und wenn ja, wie?
Ja, Kunst kann! Nachhaltige Kunst ist kein ästhetischer Stil, sondern eine Haltung, die ökologische, soziale und ökonomische Aspekte in die künstlerische Praxis integriert. Das betrifft nicht nur die Materialwahl, sondern auch die Produktionsweise, Logistik, Präsentation und sogar den gesellschaftlichen Diskurs, den ein Kunstwerk anstoßen kann.
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–> 256 Seiten, Oekom Verlag
–> umfassendes Werk zu Perspektiven nachhaltigen Designs
Wir nehmen uns diesem spannenden Thema hier an, beleuchten es von ein paar Seiten, stellen das eine oder andere Öko-DIY, nachhaltige Kunstformen und ressourcenschonende Herstellungsverfahren vor. Wer mehr Infos möchte, kann etwa auf eines der Bücher zurückgreifen, die wir im zwischendurch aufführen.
Inhaltsverzeichnis
- Kunst als Freiraum
- Was ist nachhaltige Kunst genau?
- Welche Kunstformen können nachhaltig sein?
- Kategorien nachhaltiger Kunst | systematisch gedacht
- Konkrete Beispiele nachhaltiger Kunst
- Warum nachhaltige Kunst mehr ist als ein Trend
- Fazit: Nachhaltige Kunst | kreativ, relevant + zukunftsfähig
Was ist nachhaltige Kunst genau?
Im Kern bedeutet nachhaltige Kunst, dass der gesamte Lebenszyklus eines Werks so gestaltet wird, dass er die Umwelt schont, ethische Standards achtet und möglichst wenig Ressourcen verbraucht. Dabei geht es nicht um Verzicht, sondern um einen bewussten Umgang mit den Mitteln der Kunst.
Aspekte nachhaltiger Kunst im Überblick
- Ökologische Nachhaltigkeit
Nutzung ressourcenschonender oder recycelter Materialien, Reduktion von Abfällen und Emissionen
——— - Soziale Nachhaltigkeit
Faire Bezahlung, transparente Arbeitsbedingungen, partizipative Projekte
——— - Kulturelle Nachhaltigkeit
Erhalt lokaler Handwerkstraditionen, Förderung kultureller Vielfalt
——— - Ökonomische Nachhaltigkeit
Herstellung langlebiger Werke, zirkuläre Nutzung von Ressourcen, Vermeidung von „Fast Art“
Welche Kunstformen können nachhaltig sein?
Grundsätzlich kann jede Form von Kunst nachhaltig gestaltet werden – sei es analoge Malerei, digitale Medienkunst oder Installationen im öffentlichen Raum. Wir werden ein wenig konkreter:
1. Malerei + Zeichnung
Die meisten herkömmlichen Farben enthalten Lösungsmittel, Mikroplastik und/oder Schwermetalle. In der nachhaltigen Malerei werden stattdessen Naturfarben* aus Erdpigmenten*, Pflanzen, Holzkohle oder Kaffee verwendet.
Auch das Papier spielt eine wichtige Rolle: Recyclingpapiere oder handgeschöpfte Bögen aus Hanf, Baumwolle, Gras*, Blütenresten oder sogar Elefantendung* schonen Ressourcen.
Nachhaltige Alternativen
- Naturpigmente (z. B. Ocker, Indigo, Kurkuma)
- Wasserbasierte Farben ohne Acrylanteile
- Trägermaterialien aus recyceltem Holz oder Stoffresten
DIY-Video | Umweltfreundliche Farbe selbst herstellen
In diesem Video wird gezeigt, wie man mit ein paar Lebensmitteln natürliche Farben herstellen kann.
2. Skulptur, Installation + Objektkunst
Beton, Glas oder Epoxidharz sind besonders energieintensive Materialien und schwer zu recyceln. Nachhaltige Künstler greifen daher beispielsweise auf Fundmaterialien, Abfallprodukte oder biobasierte Stoffe aus der Natur zurück.
Sie werten sie auf, schreiben ihnen einen neuen Zweck zu, sie upcyceln Altes. Aus scheinbar Nutzlosem können aussagekräftige Kunstwerke werden.
Beispiele nachhaltiger Materialien
- Altholz, Schrott, ausrangierte Technik, benutzte Kaffeekapseln
- Biologische Baustoffe wie Pilzmyzel, Ton, Wachs, Stroh, Seegras, Hundehaare
- Recyclebare Stoffe wie Metall, Glas, Textilfasern
30 DIY-Ideen aus Holz | Easy Alex
Garderobe, Schlüsselbrett, Regal. Was man aus (altem) Holz alles machen kann, kannst du dir in diesem tollen DIY-Video anschauen.
3. Fotografie + Digitale Kunst
Auch digitale Kunst hat einen ökologischen Fußabdruck, etwa durch Stromverbrauch bei Bearbeitung, Speicherung oder Blockchain-Nutzung (bei NFTs). Nachhaltige Künstler setzen beispielsweise auf klimaneutrale Hosting-Plattformen, langlebige digitale Formate oder energieeffiziente Software.
Tipp! NFTs auf Proof-of-Stake-Blockchains wie Polygon, Tezos oder Ethereum 2.0 verbrauchen bis zu 99% weniger Energie als klassische Systeme wie Bitcoin oder Ethereum 1.0.
Auch hochwertige Fine-Art-Drucke lassen sich heute nachhaltig realisieren: mit veganen, lösemittelfreien Farben, pigmentbasierten Tinten auf Wasserbasis und klimaneutralen Druckverfahren. Viele Druckereien bieten zudem FSC-zertifizierte Papiere, plastikfreie Verpackung und klimakompensierte Lieferung an.
4. Performance + öffentliche Kunst
Nachhaltige Kunst muss nicht materiell sein. Performances, soziale Interventionen oder Land Art können intensive Wirkung entfalten, ohne bleibende Spuren zu hinterlassen. Temporäre Projekte in der Natur mit lokalen Communities oder aus vorgefundenen Materialien haben oft sogar eine höhere Resonanz als klassische Exponate.
Nachhaltige Kunst-Performances in Wien | Video
In diesem Clip werden dir Kunst-Performances mit Schwerpunkt Klimaschutz vorgestellt. Herausgeber ist die BOKU Universität Wien.
Kategorien nachhaltiger Kunst | systematisch gedacht
Wenn man nachhaltige Kunst systematisch einteilt, ergeben sich z. B. folgende Kategorien:
| ||| Kategorie | ||| Merkmale |
| Materialbezogene Kunst | Upcycling, Naturmaterialien, Müllverwertung |
| Prozessbasierte Kunst | Fokus auf ökologischen oder sozialen Ablauf statt Produkt |
| Konzeptkunst mit Message | Thematisiert Klimakrise, Konsumkritik, Artensterben usw. |
| Kunst im Dienst der Umwelt | z. B. renaturierende Land-Art-Projekte oder baumbasierte Skulpturen |
| Digitale & postdigitale Formate | Energiesparende Virtual Art, NFTs mit geringer CO₂-Bilanz |
Konkrete Beispiele nachhaltiger Kunst
🎨 „Wheatfield – A Confrontation“ von Agnes Denes (1982)
Ein 8000 m² großes Weizenfeld mitten in Manhattan – als kritischer Kommentar zur Flächenversiegelung, Hunger und städtischer Entwicklung
🎨 „Trash People“ von HA Schult
1.000 lebensgroße Figuren aus Abfall, die um die Welt reisten – ein Mahnmal gegen die Wegwerfgesellschaft
🎨 „Ice Watch“ von Olafur Eliasson
Tonnenschwere Eisblöcke aus Grönland wurden vor öffentliche Gebäude gelegt – dort schmolzen sie sichtbar und wurden so zum Sinnbild des Klimawandels.
🎨 Precious Plastic
Eine globale Open-Source-Initiative, bei der Menschen aus recyceltem Kunststoff neue Kunst- und Alltagsobjekte gestalten – u. a. auch Designobjekte für Galerien.
Warum nachhaltige Kunst mehr ist als ein Trend
Nachhaltige Kunst liefert nicht nur neue Ästhetiken, sondern stellt auch Fragen nach Wert, Dauer, Verantwortung und Kreislaufdenken. In einer Welt der Überproduktion ist sie ein Gegenmodell zur Beliebigkeit.
Faktenlage
- Kunststoffe in Farben & Materialien gelangen über Entsorgung oft in die Umwelt.
- Der Kunstsektor verursacht CO₂-Emissionen durch Logistik, Heizung, Transport.
- Museen und Galerien zählen zu den energieintensiven Kulturbauten.
Immer mehr Künstler + Institutionen reagieren
- Die Biennale in Venedig verpflichtet sich zu CO₂-Reduktion.
- Galerien nutzen LED-Beleuchtung, recycelte Ausstellungswände.
- Künstler fordern „zero waste studios“ und „Slow Art“.
Fazit:
Nachhaltige Kunst | kreativ, relevant + zukunftsfähig
Kunst sollte heute nach Möglichkeit mehr leisten als „nur“ schön zu sein. Sie kann zur Reflexion, Aufklärung und Inspiration beitragen – und zugleich auf Ressourcen achten.
Ob mit pflanzenbasierten Pigmenten, recycelten Skulpturen oder digitalen Installationen: Nachhaltige Kunst verbindet Ethik mit Ästhetik.
Und das Beste daran? Sie hinterfragt nicht nur, was wir sehen, sondern auch wie wir leben.
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